LEITARTIKEL Braunschweiger Zeitung 31.10.2006 :
Auslaufmodell Volkspartei Von Markus Schlesag
Sozialdemokraten? Sind das nicht die mit dem Drachenfest, wenn kein Wind weht?
CDU? Gibt’s bei denen im Herbst nicht
leckeren Braunkohl mit fettiger Bregenwurst?
Auf dem Lande, an der Basis, in den Ortsvereinen ist Parteiarbeit ein schwieriges
Unterfangen. Viele Ehrenamtliche bringen vollen Einsatz – nicht nur für ihre Partei, sondern auch für ihre Mitbürger.
Doch so sehr sie sich
abrackern: Gleichtun wollen es ihnen immer weniger. Parteiarbeit im Kleinen gilt als quälend langwierig und weitgehend wirkungslos.
Erschwerend kommt
hinzu, dass das Image von Politik und Parteien am Boden liegt. Gegen verschleppte, verstolperte und verpfuschte Reformen in Berlin, gegen immer neue
Belastungen kommen Frühschoppen und Braunkohlwanderungen in Bornum oder Salzgitter-Beddingen auf Dauer nicht an.
Darüber hinaus leiden die
Parteien unter einem Trend, den sie weder zu verantworten haben noch beeinflussen können: Immer weniger Menschen wollen sich langfristig an
eine Organisation binden. Kirchen, Sportvereine und Hilfsorganisationen bekommen das ebenso zu spüren – und sind vergleichsweise
ratlos.
Manches SPD- oder CDU-Häuflein ist deshalb schon so klein, dass mehr als eine gesellige Zusammenkunft nicht drin ist. Die Analyse der SPD
bestätigt also nur, was sich seit längerem abzeichnet.
Und die Konsequenz? Verschärfte Mitglieder-Werbekampagnen und Schnupper-Mitgliedschaften
genügen nicht. Wer sich engagiert, will nicht einfach nur dazugehören, sondern auch gestalten.
Über Jahrzehnte haben sich die Volksparteien daran
gewöhnt, dass die Massen weniger den Mund als vielmehr das Portemonnaie öffneten.
Das Parteibuch roch förmlich nach Dauerauftrag.
Wollen SPD
und CDU Volksparteien bleiben, müssen sie sich selbst einen Dauerauftrag einrichten: Sie müssen die Sacharbeit in den Ortsvereinen fördern.
Dann
gibt’s vielleicht auch mal wieder was zu feiern: beim Drachenfest oder mit Bregenwurst.
Montag, 30.10.2006
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